Entstehung einer Handschrift

 

Die Buchproduktion stellt im Mittelalter eine mehrfache Herausforderung dar, sowohl in Hinsicht auf die Organisation als auch auf die Ressourcen und das handwerkliche Geschick. Das fertige Buch war das Ergebnis vom Zusammentreffen verschiedener vorher herzustellender Materialien, pflanzlichen und tierischen Ursprungs, Metalle und Chemie, und natürlich mehrerer (Kunst-)handwerksgruppen.

Geschrieben wurde fast ausschließlich auf Pergament- oder Papierbögen, nicht in fertige Hefte oder Bücher. Ein solcher Bogen war ein Blatt, das doppelt so groß war wie das dann beabsichtigte Buch, und wurde in der Mitte gefaltet. Ein Bogen besteht also aus vier zu beschriftenden Seiten, Vorderseite, zwei Seiten innen und eine Rückseite. Meist vier solche Bögen wurden ineinandergelegt.

 

 

Es ergibt sich etwas ähnliches wie ein Heft, aber noch als lose Blätter, die bereits die Reihenfolge vorgaben, in der sie später angeordnet und somit auch im folgenden Schritt beschrieben werden mussten. So ein „ungebundenes Heft“ nennt sich Lage. Mehrere Lagen werden im Anschluss aufeinandergelegt und bilden dann, nachdem sie vom Buchbinder auf Bünde geheftet wurden, den Buchblock.

Heften bedeutet, dass die Lagen auf die Bünde aufgenäht werden. Hierbei verläuft ein Faden auf der Innenseite einer Lage entlang, wird bei den Bünden durchgestochen, um den Bund gewickelt und wieder in die Lage zurückgeführt.

 

Zusätzlich wurden im Mittelalter fast immer Buchschließen ergänzt, die dazu dienten, die Deckel fest zusammenzudrücken. Dies hat weniger etwas mit Geheimniswahrung zu tun als vielmehr mit einer Minimierung von Schäden. Ein so geschlossenes Buch ist ein fester Block, kann sich nicht verziehen und die Seiten verknicken oder reißen nicht.

Ein weiterer Vorteil ist, dass das Pergament, das sich bei höheren Luftfeuchtigkeiten wellen würde, dies im gepressten Zustand nicht kann.

Es gibt heute zahlreiche mittelalterliche Bücher, die ihre Schließen verloren haben und deren Pergamentseiten sich seitdem so sehr wellten, dass die Bücher nicht geschlossen werden können ohne Schaden zu erleiden. Diese Praxis hat sich auch bei Papierbüchern gehalten.

Im Grunde war das Buch somit schon fertig und konnte verwendet werden. Je nach Verwendungsbereich wurden aber auch noch weitere Schritte vorgenommen und weitere Dinge angebracht.

War es ein Buch mit mehreren Sinnabschnitten, die schnell zu finden sein sollten, wurden häufig Lesezeichen befestigt.

 

Handelte es sich um ein Buch, das einen festen Standort behalten sollte, bspw. ein Gesangbuch für den Chor, konnte eine Kette am Deckel befestigt werden, die wiederum am Lesepult angebracht wurde.

Das Buch wurde zum Kettenbuch.

 

Befand sich das Buch zwischen vielen anderen und sollte leichter identifizierbar sein, konnte man eine einfache Signatur auf den Deckel kleben, wie es in St. Godehard bei vielen Büchern geschah.

Bisweilen wurde sogar der Titel auf ein gesondertes Stück Papier geschrieben aufgeklebt und dann mit einem durchsichtigen Stück Horn geschützt und mit Messingblech befestigt.

Die Erweiterungen eines Buchs hatten fast keine Grenzen und waren stets stark vom Verwendungszweck geprägt. „Das Buch“ war so individuell wie seine Verwendungsmöglichkeiten und Nutzer.